Ausstellungs- und Buchprojekt, 2024
Meine langjährige Beschäftigung mit der Rolle der Stadt in der Literatur von Alfred Döblin (Döblin und die Metropole), führte mich auch zur Beschäftigung mit seiner Biografie. In einem Brief aus Los Angeles, wohin ihn die Flucht vor dem Nationalsozialismus 1940 verschlagen hatte, schrieb er kurz nach seiner Ankunft:
»Man hat am Meer, und hie und da, einige Ortskerne gebaut, mit niedrigen Häusern und Häuschen, und »dazwischen Zwischenräume«. Soweit ich sehe, besteht die Stadt wesentlich nur aus Zwischenräumen. In einigen Lücken findet man Ölfelder, auf anderen stehen die Müggelberge mit vielen Villen, manchmal gibt´s auch nur simple Müllflächen.«
Dieser Satz verbindet auf wunderbar beiläufige Weise Welten und offenbart Döblins skeptischen Blick auf Los Angeles. Er löste in mir den Wunsch aus, mich genauer mit seiner Zeit in Los Angeles zu befassen. Döblin hatte sich stets auf gesellschaftlich-politische Debatten eingelassen, nur im amerikanischen Exil verstummte er nahezu. In seinem Nachlass fand ich zudem nur ein einziges privates Foto aus den USA. Deshalb las ich in Vorbereitung auf eine Reise nach Los Angeles Texte von Brecht, Feuchtwanger, den Gebrüdern Mann, Alma Maler Werfel, Hans Eisler, etc., um mehr über Döblins Leben in Hollywood zu erfahren. Ich tauchte durch die Lektüre in das Netzwerk der Exilanten ein, das sich gegenseitig unterstütze, aber auch heftig miteinander stritt.
Der Musikkritiker Alex Ross schrieb 2020 im New Yorker einem lesenswerten Artikel über deutsche Schriftsteller im Exil in Los Angeles: The Haunted California Idyll of German Writers in Exile
Im April 2024 bezog ich als Stipendiat der Villa Aurora Marta Feuchtwangers Schlafzimmer, richtete mir in der ehemaligen Doppelgarage eine Dunkelkammer zum Entwickeln der Filme ein und machte mich auf Entdeckungsreise: Unterhalb der Villa entdeckte ich den Sunset Point, einen beliebten Surfstrand, wo Marta bis ins hohe Alter schwimmen ging. Im Hafenviertel San Pedro suchte ich Filmlocations auf, die sich mir eingeprägt hatten. Ich erkundete Häuser und Wohnviertel ehemaliger Emigranten, war bei Schönbergs zum Kaffee eingeladen, stieg zu Fuß in die Hollywood Hills und suchte die Ölfelder von Los Angeles auf, die Döblin und Brecht so oft erwähnten. An Döblins ehemaliger Adresse in Hollywood, wohnte inzwischen 80 Jahre später eine jüdische Stand-Up Comedian mit ihren Freund, einem Schriftsteller. Ein Zufall, der gut nach Hollywood passt.
Ausstellungen
Drinnen & Draussen
Kunst, Musik und Literatur im Exil
Galerie AMALIENPARK | RAUM FÜR KUNST
Breite Straße 23, 13187 Berlin
Eröffnung 28.2.2025 um 19.30h
bis 6.4.2025
Gruppenausstellung mit Martin Enderlein,
Petra Flierl,
Annette Gundermann,
Kitty Kahane,
Lorenz Kienzle,
Núria Quevedo,
Denise Richardt
, Henry Stöcker
, Simone Tippach-Schneider
Flucht, Vertreibung und Exil gehören zur leidvollen Erfahrung von Generationen der Menschheitsgeschichte. Zur zentralen Erfahrung wurde sie weltweit besonders im 20. Jahrhundert und aktuell wachsen wieder Flüchtlingsströme, nicht nur in Europa. Wurden aus dem Dritten Reich demokratische Kunstschaffende systematisch vertrieben, ist Deutschland heute für viele Ausgegrenzte ein Sehnsuchtsort. Diese Erfahrungen bilden die Grundlage für das mittlerweile fünfte Ausstellungsprojekt der Reihe Kunst & Klang unter dem Motto Drinnen & Draußen – Kunst, Musik und Literatur im Exil. In der Ausstellung werden Bilder, Grafiken, Zeichnungen, Fotografien und Skulpturen von neun Künstler*innen aus Berlin und Brandenburg gezeigt, die sich durch das Motto, d. h. durch Literatur, Kunst und Musik von Exilant*innen, u.a. von Kurt Weill und Ursula Mamlok, zu diesen Kunstwerken inspirieren ließen oder in ihren Kunstwerken ihren eigenen Exilerfahrungen Ausdruck verliehen haben.
Die sechswöchige Ausstellung umfasst darüber hinaus ein umfangreiches Begleitprogramm mit Konzerten, u.a. im Schloss Schönhausen und im ehemaligen Jüdischen Waisenhaus, Lesungen, Vorträgen, Filmvorführungen und Gesprächsrunden mit hochkarätigen Gästen.
Zu Gast sind unter anderem das Arminio Streichquartett, die türkische Autorin und Aktivistin Nazli Karabiyikoglu und Andrej Hermlin and his Swing Dance Orchestra.